Erbrecht |
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08.12.08 23:23
Emilia
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Erbrecht
Hallo zusammen
Mein Schatz und ich heiraten im Frühling! Ich bin etwas verunsichert. Habe gelesen, dass gemäss Erbrecht die Geschwister und Eltern im Todesfall vom Hinterbliebenen erben würden....
Mein Schatz studiert noch und verdient deshalb nicht allzu viel. Würde das heissen, dass im Fall seines Todes (Gott bewahre) ich tatsächlich 1/4 unseres Vermögens an seine Eltern abgeben müsste? Das Geld käme ja, zumindest in den ersten Jahren, hauptsächlich von meinem Verdienst. Das kann doch nicht sein? Wir möchten erst Nachwuchs, wenn er mit seinem Studium fertig ist und wir ein bisschen Geld auf die Seite gelegt haben. Das würde heissen, wir sparen, verzichten auf Ferien etc. und dann müsste einer von uns davon 1/4 abgeben falls der andere sterben sollte? Wäre im Fall, dass ich sterben sollte ja genau so.....
Mache ich mir zuviele Gedanken? Wie habt ihr das gelöst? Habt ihr mit euren und seinen Eltern und Geschwistern einen Erbverzichtsvertrag abgeschlossen? Unsere Familien wohnen alle sehr weit verstreut, werden aber zur Hochzeit da sein, kann man den Vertrag am gleichen Tag abschliessen oder ist das irgendwie 'voll daneben'?
Wir haben alle ein gutes Verhältnis untereinander, habe aber auch schon gehört, dass sich das schlagartig ändern kann sobald es ums Geld geht.
Mann, und ich habe gedacht, dass solche Dinge viel einfacher zu lösen sind wenn man verheiratet ist.
Wäre froh um ein paar Erfahrungsberichte. Gruss Emilia
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09.12.08 07:47
fonzi
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Re: Erbrecht
Ja, das stimmt dass die Eltern bei Tod des Ehegatten erben. Sie sind sogar pflichtteilsgeschützt (Geschwister nicht). Kinder sind auch pflichtteilsgeschützt. Ich habe jetzt nicht mehr alles im Kopf wie es genau ist, aber es ist auf jedenfall so, dass es immer noch andere gibt, die Erben. Nicht nur der überlebende Ehegatte. Wir haben einen Ehevertrag bei einem Notar gemacht. Hat uns CHF 1000.-- gekostet. Wir haben reingeschrieben, dass wir möchten, dass die pflichtteilsgeschützten Erben auf Ihren Anteil verzichten . Man ist da allerdings auf deren Goodwill bei Eintreten des Erbfalles angewiese, das muss man sich bewusst sein. Man kann beim Pflichtteil nur wünschen aber diesen nicht eliminieren. Allfällige Kinder haben wir auf Pflichtteil gesetzt, so dass diese nur das absolute minimum erben würden. Ausserdem haben wir verfügt, dass die Errungenschaft dem überlebenden Ehegatten zugeschlagen wird. Somit würde "nur" das Eigengut verteilt werden können. Was wir auch noch reingeschrieben haben ist, dass wenn wir beide infolge des gleichen Ereignisses innert 20 Tagen sterben würden, dann wird das Erbe auf beide Familien aufgeteilt. Es gibt nämlich Fälle, Autounfall zum Beispiel wo er auf der Unfallstelle stirbt und sie dann 30 min. später im Spital und dann erbt ihre Familie alles. Das wäre ja sehr ungerecht.
Ich fand die Informationen, welche man beim Notar erhalten hat sehr hilfreich. Und ich denke es ist empfehlenswert mal einen Termin zu machen und alle offenen Fragen mal zu klären. Ob man dann einen Erbvertrag macht, oder nur ein handschriftliches Testatment (gratis!) kann man dann immer noch entscheiden.
Ein Erbvertrag macht vielleicht nicht mal immer Sinn. Bei grösseren Vermögenswerten oder bereits bestehendem Wohneigentum ist es aber sicher nicht das dümmste.
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09.12.08 09:45
madmadi
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Re: Erbrecht
Ich stimme Fonzi absolut zu. Es ist immer gut, sich zu informieren.
Die gesetzliche Erbteilung ist folgende: Ehegatte und Kinder - Ehegatte 1/2, Nachkommen 1/2 (bzw. je gleiche Anteile daran) Ehegatte und Eltern - Ehegatte 3/4, Eltern 1/4 (bzw. je 1/8, wenn eines vorverstorben wäre, ginge sein achtel zu gleichen Teilen an die Geschwister des Verstorbenen)
Die Pflichtteile: Nachkommen - 3/4 des gesetzlichen Anspruchs Ehegatte - 1/2 des gesetzlichen Anspruchs Eltern - 1/2 des gesetzlichen Anspruchs
Auch eine Lösung wäre eine Art temporäre Gütertrennung. Wir haben das so gemacht und dazu auch einen Ehevertrag abgeschlossen...
Bis zur Geburt eines ersten Kindes leben wir unter dem Güterstand der Gütertrennung (wir haben auch eine grobe Liste unserer Eigengüter per Hochzeitstag erstellt). Sollten wir uns scheiden lassen, nähme jedes sein "Vermögen" und wir gingen ohne gegenseitige Verpflichtungen auseinander. Da wir beide 100% erwerbstätig sind, wollten wir das so. Wir haben (ausser einem Haushaltskonto) weiterhin eigene Konten und verwalten unser Hab und Gut je selbst.
Sobald wir aber ein Kind kriegen, ändert sich unser Güterstand und wir leben unter der Errungenschaftsbeteiligung. Dazu haben wir uns vorgenommen, per Geburtsdatum des ersten Kindes ein neues Inventar aufzunehmen und unsere eingebrachten Eigengüter zu definieren. Alles, was wir von dem Tag an erwirtschaften, gehört uns beiden, wird also bei Auflösung der Ehe durch Scheidung entsprechend unserer Vereinbarung ausgeglichen. In der Errungenschaftsbeteiligung haben wir verfügt, dass wenn eines von uns stirbt, das andere meistbegünstigt wird (wie Fonzi und ihr Mann wird auch die ganze Errungenschaft dem Überlebenden zukommen und lediglich die Eigengüter gehen in die Erbschaft ein).
Darüber hinaus verfügt jedes von uns per Testament über seine Erbschaft. Ich habe ein Testament geschrieben, wonach in meinem Todesfall vor der Geburt unseres ersten Kindes auch meine Geschwister (die ja solange die Eltern noch leben nicht erbberechtigt sind) Legate erhalten, da wir uns sehr nahe stehen. Sobald wir aber gemeinsame Kinder haben, will ich, dass mein Mann - auch zum Wohle unserer Kinder - wirklich alles von mir erhält (wobei dann die Eltern von Gesetztes wegen sowieso aus der Erbfolge ausscheiden).
Beantworte gerne weitere Fragen zum Thema Erbrecht, bin Leiterin eines Erbschaftsamts und hab' damit täglich zu tun.
Grüessli madmadi
Sit em 8. August 2008 glücklichi Ehefrau!
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09.12.08 10:48
sevilla09
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Re: Erbrecht
Hallo Madmadi
Da Du in Erbrechts Angelegenheiten Profi bist, kannst Du mir vielleicht einen Tipp geben. Wir werden nächstes Jahr heiraten und unsere Situation ist folgende: Mein Schatz hat 2 Girls aus erster Ehe und eine sehr auf Geld fixierte Ex Frau. Wir haben uns auch schon Gedanken darüber gemacht (hoffen natürlich, dass wir gemeinsam 100 werden ), wie es wäre, wenn ihm etwas zustossen würde. Die Ex wäre die erste welche auf der Matte stehen würde und das Erbe der Kinder einfordern. Was steht ihnen zu und können wir uns davor schützen dass ich ihr alles abliefern müsste? Wir haben gemeinsames Wohneigentum. Kennst Du Dich da ein wenig aus?
Vielen Dank und es Grüessli Sevilla
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09.12.08 11:41
madmadi
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Re: Erbrecht
Hmmm... Wenn dein Zukünftiger dich gegenüber seinen Kindern begünstigen will, könnt ihr das wie oben schon angedeutet/erwähnt mittels Ehevertrag machen, wonach ihr einander güterrechtlich absichert indem ihr euch gegenseitig den ganzen Vorschlag (also das ganze Vermögen, das ihr wärhend der Ehe gemeinsam erwirtschaftet) zusprecht. Eure Nachkommen könnt ihr auf den Pflichtteil setzen (sowohl gemeinsame als auch die deines Mannes), sie erhielten dann vom ganzen Nachlass (also nur das, was dein Mann mit in die Ehe gebracht hat und allenfalls während der Ehe geerbt hat etc.) zusammen 3/8 (also je 3/16). Aber darauf haben sie halt gesetzlichen Anspruch.
Was dein Mann bezüglich des gemeinsamen Wohneigentums machen kann, ist, zu schreiben, dass du bestimmen darfst, welche Vermögensbestandteile du als Erbe möchtest - d.h. du kannst das gemeinsame Zuhause zu Eigentum erben, solange genügend liquide Mittel vorhanden sind, den Kindern ihre 3/8 Pflichtteil auszuzahlen.
Sollte dies nicht der Fall sein, kann er dir an seinem Anteil an der gemeinsamen Liegenschaft das lebenslängliche Wohnrecht gewähren. 3/8 der Liegenschaft gehört dann zwar rein rechtlich den Kindern, sie können dich jedoch nicht "rausschmeissen" und du verwaltest die Liegenschaft bis zu deinem Tod. Dann wär's dann so, dass halt bevor dein Erbe verteilt wird, die ursprünglichen 3/8 Vermögen an die Kinder deines Mannes gingen. Für diesen Fall wäre es vielleicht sinnvoll, bereits eine Lösung für die Teilung vorzusehen (gemeinsame Kinder? Vorkaufsrechte? etc.)
Oder er überlässt dir an der gesamten Erbschaft die lebenslängliche Nutzniessung. Dann erben zwar die Kinder, aber tatsächlich erhalten sie ihren Anteil (ob das nun Grundeigentum oder Wertschriften sind) erst nach deinem Tod.
Da ihr den Ehe- und Erbvertrag aber sowieso notariell beglaubigen lassen müsst, holt ihr euch mehr Details und mögliche Alternativen auch am besten gleich beim Notar ab, der den Vertrag dann ausarbeitet. Was ich geschrieben habe, ist nur mal so das Grundsätzliche, was ihr euch überlegen könntet, um schon ein paar Ideen zu haben, wenn ihr beim Notar vorsprecht.
Grüessli madmadi
Sit em 8. August 2008 glücklichi Ehefrau!
Editiert 09.12.08
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09.12.08 13:18
sevilla09
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Re: Erbrecht
Hallo Madmadi
Vielen herzlichen Dank für Deine ausführliche Erklärung. Das gibt uns schon mal eine Vorstellung.
Grüessli Sevilla
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13.12.08 00:36
Emilia
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Re: Erbrecht
Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Super, dass hier ein Profi im Forum ist. Wir werden wohl Anfang Jahr zu einem Notar gehen und uns beraten lassen. Weisst Du evtl. ob es rechtlich möglich ist, dass man mittels Erbverzicht den Partner als alleinigen Erben bestimmt und dann aber verfügt, dass falls dieser auch sterben sollte, die Hinterlassenschaft unter den Eltern/Geschwistern von uns beiden aufgeteilt wird? Möchten bevor wir zum Notar gehen ein paar Varianten und Möglichkeiten besprechen.
Lieben Gruss Emilia
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